Foto vhs: Vorsitzender Heiner Bernhard, Dr. Cristina Ricca und Dr. Thomas Flemming (von links nach rechts)
Gustav Heinemann war eine der prägendsten politischen Persönlichkeiten der Bundesrepublik. Als Bundespräsident (1969–1974) setzte er sich unermüdlich für Demokratie, Bürgerrechte und eine kritische Auseinandersetzung mit der Vergangenheit ein. Doch schon lange vor seiner Präsidentschaft stand Heinemann für eine Politik der moralischen Verantwortung – oft gegen den Zeitgeist, aber stets mit Blick auf die Demokratie.
"Einer der markantesten Politiker"
Dr. Thomas Flemming, renommierter Historiker und Publizist, widmete sich in seinem Vortrag an der VHS Badische Bergstraße dem bewegten Leben dieses „streitbaren Demokraten“. Er zeichnete Heinemanns Weg vom entschiedenen Gegner des Nationalsozialismus über seine politische Laufbahn bis hin zur Rolle als Staatsoberhaupt nach. Besonders betonte er Heinemanns konsequente Haltung gegen jede Form von Militarismus und seinen Einsatz für eine aktive, lebendige Demokratie. „Heinemann war einer der markantesten Politiker der Bundesrepublik, der nach dem Zweiten Weltkrieg maßgeblich am Aufbau der deutschen Demokratie beteiligt war“, so Dr. Flemming in seinem Vortrag.
Heinemann, der "Citoyen"
Ein zentrales Thema des Abends war Heinemanns Selbstverständnis als „Citoyen“, als aktiver Bürger, der politische Verantwortung nicht allein den Regierenden überlässt, sondern sie als Aufgabe jedes Einzelnen betrachtet. Sein Engagement zeigte sich in zahlreichen politischen Ämtern: Er war Oberbürgermeister von Essen (1946–1949), Bundesinnenminister (1949–1950), Justizminister (1966–1969) und schließlich der erste sozialdemokratische Bundespräsident der Bundesrepublik. Bemerkenswert war auch seine politische Wandlungsfähigkeit: Heinemann trat zunächst der CDU bei, verließ die Partei jedoch 1952 aus Protest gegen die Wiederbewaffnung Deutschlands und gründete die Gesamtdeutsche Volkspartei (GVP). Nach deren Scheitern schloss er sich 1957 der SPD an, mit der er schließlich in das höchste Staatsamt gewählt wurde. Sein parteiübergreifendes Denken und seine moralische Integrität machten ihn zu einer einzigartigen Figur der deutschen Nachkriegsgeschichte.
Vortrag wurde lebhaft diskutiert
Der Vortrag stieß auf großes Interesse und wurde im Anschluss von einer Diskussion begleitet. Die Zuhörerinnen und Zuhörer würdigten besonders die Verbindung historischer Einblicke mit aktuellen gesellschaftlichen Fragestellungen. So zeigte sich einmal mehr: Gustav Heinemanns Überzeugungen sind gerade heute wieder hochaktuell. Getreu seinem Motto: "Wir müssen Demokraten sein!".